Die Pflicht, neben Einweg- auch Mehrwegverpackungen anzubieten, beruht auf § 33 und 34 des deutschen VerpackG. Ziel ist die Reduktion von Müll und das Sparen von Ressourcen. Laut der Kampagne des Bundeswirtschaftsministeriums “Essen in Mehrweg” fallen nämlich allein in Deutschland täglich schätzungsweise 770 Tonnen Verpackungsmüll durch Take-away-Einwegverpackungen an.
Welche Pflichten gibt es?
Die Mehrwegpflicht – eigentlich die Mehrwegangebotspflicht – gilt für alle Betriebe des Lebensmittelhandwerks (unter anderem Gastronomie, Caterer und Selbstbedienungstheken), die Speisen und Getränke zum Mitnehmen anbieten. Ausgenommen von der Mehrwegpflicht sind kleine Betriebe mit einer Verkaufsfläche von weniger als 80 Quadratmetern und höchstens 5 Mitarbeitenden. Diese müssen ihrer Kundschaft auf Wunsch aber ebenfalls mitgebrachte Gefäße befüllen. Ebenso ausgenommen sind Lieferdienste ohne eigenes Speisenangebot. Diese können Gastrobetriebe jedoch unterstützen, indem sie auf ihren Websites eine Option für Lieferungen in Mehrweg-Behältern einrichten.
Ausnahmslos alle Betriebe und Lieferservices müssen ihre Gäste gut sichtbar darauf aufmerksam machen, dass sie wiederverwendbare Verpackungen to go anbieten und mitgebrachte Behälter befüllen.
Änderungen durch die Mehrweg-Pflicht
Kosten
Brauche ich eigenes Mehrweggeschirr?
Einige Restaurants befürchten durch die Angebotspflicht steigende Kosten. An dieser Stelle gibt es gute Nachrichten. Laut einer Untersuchung der Kampagne “Essen in Mehrweg” sparen Gastronomen schon bei wenigen Mehrweg-Take-aways die Woche merklich Kosten für Einwegverpackungen. Das Mehrweg-Angebot kann sogar den Gewinn steigern, denn es werden neue, umweltbewusste Kundinnen und Kunden gewonnen und das Zurückbringen der Pfandbehälter stärkt die Kundenbindung.
In der Anschaffung erzeugen eigene Behälter natürlich zunächst Kosten. Dennoch sollten gastronomische Betriebe auf nachhaltige Mehrwegverpackungen setzen, um der Umwelt zusätzlich Gutes zu tun. Achte z. B. auf den Blauen Engel der ökologischen Mehrwegsystemanbieter oder andere nachhaltige Zertifikat. Die Mehrwegprodukte der Firma greenbox sind beispielsweise FSC©-zertifiziert und zu 100 % CO2-kompensiert. Regionale Beratungsstellen können Gastrobetrieben helfen, ein passendes Konzept zu finden.
Eigenes Mehrweggeschirr anzuschaffen, eignet sich nicht nur für große Gastroketten mit vielen Standorten. Bei Nutzung einer individuellen Lösung können Betriebe die Formen, Größen und Farben, die am besten zu ihnen passen, frei wählen. Das Geschirr lässt sich außerdem nach eigenen Wünschen gestalten und somit als Werbefläche nutzen. Kleine Betriebe können sich auch zusammenschließen und gemeinsam Mehrweggeschirr anschaffen, wenn sie in Bezug auf Nachfrage und Handhabung noch unsicher sind. Alternativ können sie das Mehrweg-Pool-System eines etablierten Herstellerunternehmens nutzen.
Wie funktioniert ein Mehrweg-Pool-System?
Bei einem Pool-System werden Mehrwegbehälter von einem Unternehmen, das diese jeder Zeit unter Erstattung des Pfands zurücknimmt, gemietet. Das finanzielle Risiko kann so merklich verringert werden. Auch ausgediente Behälter werden zurückgenommen und entsorgt bzw. recycelt. Je nach Poolanbieter werden auch Mitarbeiterschulungen zur Einweisung in das Mehrwegsystem und die Hygienevorschriften organisiert.
Der Gastrobetrieb registriert ein- und ausgehende Mehrwegbehälter entweder über die Kasse oder eine App und kümmert sich um das Pfand. In der Regel kosten Pool-Systeme eine monatliche Nutzungsgebühr. Diese kann jedoch steigen, wenn weitere Mehrwegbehälter benötigt werden. Je nach Anbieter kann auch eine zusätzliche Startgebühr anfallen. Für eigenes Geschirr zahlt der Betrieb hingegen nur den Anschaffungspreis.
Was passiert bei Verstößen?
Die Mehrwegangebotspflicht lässt sich derzeit nur mit Mehraufwand und zusätzlichen Kosten einrichten. Gastrobetriebe sollten dennoch nicht versuchen, die neuen Pflichten zu umgehen. Dann wird es nämlich richtig teuer. Bei verwaltungs- und zivilrechtlichen Verstößen werden Bußgelder bis zu 10.000 Euro fällig. Verstöße gegen das Melderecht und die Nachweispflicht können sogar bis zu 100.000 Euro kosten.
Hygiene
Wie alle Lebensmittelunternehmen sind Take-away-Anbieter für die Sicherheit von Speisen und Getränken zuständig. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gelten die EU-Hygieneverordnungen (EG) Nr. 852/2004 und (EG) Nr. 853/2004. In Deutschland sind die Anforderungen durch die Allgemeine Lebensmittel-Hygieneverordnung (LMHV) geregelt. Nach diesen Verordnungen ist das Befüllen von mitgebrachten Mehrweggefäßen hygienerechtlich nicht verboten. Trotzdem sollten Gastrobetriebe einige Punkte beachten:
- Kundinnen und Kunden tragen die Verantwortung, dass ihre mitgebrachten Behältnisse für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet sind. Betriebe dürfen auf fehlende Tauglichkeit oder Verunreinigungen hinweisen und das Befüllen des Gefäßes ablehnen.
- Werden kundeneigene Mehrwegbehälter befüllt, müssen Gastrobetriebe sicherstellen, dass dadurch keine Keime oder Verschmutzung in Bereich gelangen, in denen Lebensmittel verarbeitet werden. Mitgebrachte Behältnisse dürfen beim Befüllen nicht berührt werden, andernfalls müssen das Gerät zur Befüllung oder die Hände desinfiziert werden.
- Zum Austarieren/Abwiegen darf das Gefäß nicht direkt auf die Waage gestellt werden. Entweder wird eine Einweg-Unterlage verwendet oder die Waage nach der Verwendung desinfiziert.
- Pfandbehälter müssen auch in ungereinigtem Zustand zurückgenommen und selbsttätig gereinigt werden. Ist der Behälter jedoch stark verschmutzt oder sogar verschimmelt, kann die Rücknahme verweigert werden.
- Das Personal muss in allen Hygienefragen über die Verwendung von Mehrweg geschult werden.
- Über leicht verständliche Aushänge können Kundinnen und Kunden über wichtige Hygienehinweise informiert werden.
Für ein einfacheres Einhalten der Hygienevorschriften bietet sich eine klare räumliche und visuelle Trennung der Bereich der Verarbeitung von Lebensmitteln und deren Ausgabe an. Mitgebrachte Mehrwegbehälter dürfen zum Befüllen nicht auf die Theke gestellt werden. Man kann sie jedoch auf einem eigens dafür verwendeten Tablett oder einer Einwegunterlage platzieren. Weitere Tipps und Hinweise findest du auf der Seite des Lebensmittelverbandes Deutschland.
Pfand
Wie wird das Mehrweg-Pfand abgerechnet?
Gastronomische Betriebe mit eigenem Mehrweggeschirr sind nicht verpflichtet, Pfand auf die Mehrwegbehälter zu erheben. In einem Pool-System kann es dazu spezielle Regelungen geben. Ein Pfand kann sich jedoch anbieten, damit die angeschafften Mehrwegbehälter nicht bei Kundinnen und Kunden verbleiben. In der Regel beträgt die Gebühr für Pfandbecher 1 bis 1,50 Euro, für andere Pfandbehälter 5 bis 6 Euro.
Der Mehrwegpfand stellt keinen Umsatz dar, muss aber dennoch umsatzsteuerpflichtig abgerechnet werden. Da die gezahlten Steuern bei Pfandrückzahlung vom Finanzamt erstattet werden, bietet es sich an das Pfand zwecks Übersichtlichkeit auf einem separaten Konto zu verbucht. Die Abrechnungsschritte lassen sich in vielen Kassensystemen einrichten, sodass Einnahme und Ausgabe von Pfand einfach verbucht werden können. Die Entgeltminderung wird dabei automatisch berechnet.
Was ist bei Pfandsystemen zu beachten?
Es gibt mehrere etablierte Mehrweg-Pfandsysteme, denen ein Betrieb sich anschließen kann. Sie haben vielfach einfach zu bedienende und kundenfreundliche Lösungskonzepte für die gängigsten Schwierigkeiten entwickelt. Diese lassen sich einfach im Kassensystem oder mittels einer App integrieren.
Achte bei der Auswahl des Pfandsystems darauf, dass es mit Rückgabefrist arbeitet. Dadurch bleiben Mehrwegbehälter nicht zu lange bei der Kundschaft und können schneller wiederverwendet werden, so werden weniger Behälter benötigt. Außerdem empfiehlt sich ein System, dass ohne direkte Pfandzahlungen auskommt. Ein direkt zu zahlendes Pfand von 5 oder 6 Euro pro Behälter kann potenzielle Kundinnen und Kunden abschrecken. Sie kaufen stattdessen gar nichts oder nutzten weiter Einweg. Auch muss immer genug Kleingeld in bar vorrätig sein, um das Pfand jederzeit erstatten zu können.
Die Mehrweg-App der Firma Merways ist beispielsweise eine kosten- und pfandfreie Lösung. Kundinnen und Kunden registrieren sich über die App beim Gastrobetrieb, wenn sie ein Gericht in einem Mehrwegbehälter kaufen. Die App sendet automatisch Rückgabeerinnerungen und berechnet ggf. Überziehungsgebühren, bis der Behälter zurückgegeben wird. Werden Behälter auch nach 10 Wochen nicht zurückgebracht, erhalten Gastro-Betriebe automatisch eine Erstattung in Höhe von 5 Euro pro Behälter. Weitere Informationen zur App findest du hier.
Mehrweg ist gekommen, um zu bleiben
Die Mehrwegangebotspflicht wird in Zukunft eher erweitert als wieder abgeschafft. Gastronominnen und Gastronomen hilft es also, sich gut mit dem Thema auseinanderzusetzen, um die für sie richtige Mehrweglösung zu finden. Wie dieser Artikel zeigt, gibt es für viele bestehende Bedenken gut durchdachte Lösungskonzepte. Die Abkehr von Einwegverpackungen kann aber nur erfolgen, wenn Gastronomie sowie Verbraucherinnen und Verbraucher an einem Strang ziehen.